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27. November 2015

Veranstaltung

Flucht nach Deutschland
Von der humanitären Katastrophe zur wirtschaftlichen Chance?

Termin

27. November 2015
11.00 Uhr - 12.30 Uhr

Ort

Hertie School of Governance
Friedrichstr. 180
10117 Berlin

Sprecher*innen

Anke Hassel, Armin Laschet, Jörg Rocholl

Was muss geschehen, um anerkannten Flüchtlingen und geduldeten Zuwanderern in Deutschland schneller Zugang zu Bildung, Arbeit, Wohnungen und gesellschaftlichen Aktivitäten zu ermöglichen? Wie soll die Politik auf Bundes-, Landes-, und kommunaler Ebene agieren? Wie nutzt die Wirtschaft die Chancen und wie begegnet sie den Herausforderungen durch die hohe Zahl potenzieller neuer Arbeitskräfte? Führt die zunehmende Konkurrenz auf den Arbeits- und Wohnungsmärkten zu gesellschaftlichem Unfrieden und wie können Konflikte gelöst werden? Welche Zusatzbelastungen kommen auf die öffentlichen Haushalte und die Sozialversicherungen zu und wie sollen sie finanziert werden? Unter welchen Voraussetzungen kann die aktuelle Flüchtlingskrise längerfristig zur Bewältigung der demografischen Probleme Deutschlands beitragen?

Paneldiskussion mit:
Marcel Fratzscher Präsident des DIW Berlin
Anke Hassel Professor of Public Policy an der Hertie School of Governance
Armin Laschet Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Nordrhein-Westfalen, Stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU Deutschlands
Jörg Rocholl  Präsident der ESMT, European School of Management and Technology

Moderation:                 

Ali Aslan             TV-Moderator und Journalist

„Einige Teile der Gesellschaft sehen die Flüchtlingssituation in Deutschland als Verteilungskampf – wir sollten das nicht als wir versus die anderen begreifen, weil Integration eine Investition in die Zukunft der Flüchtlinge und in unsere eigene ist.“ So die Argumentation von DIW-Präsident Marcel Fratzscher im Rahmen der Paneldiskussion „Flucht nach Deutschland – von der humanitären Katastrophe zur wirtschaftlichen Chance?“.

Armin Laschet, Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Nordrhein-Westfalen und Stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU Deutschlands, verwies zudem auf viele ungelöste Probleme, an der sowohl die Politik als auch die Unternehmen häufig scheiterten. Aus Unternehmerperspektive gäbe es große Unsicherheiten, sagte der einzige Politiker in der Runde: „Gerade mittelständische Unternehmer fürchten die Unsicherheit bei der Einstellung von Flüchtlingen. Es sei nicht absehbar, wie lange sie in Deutschland bleiben oder bleiben dürfen.“ Diesem Aspekt stimmte ein Vertreter der IHK Berlin zu, der aus dem Publikum an der Diskussion teilnahm. Denn mangelnde Sprachkenntnisse der Geflüchteten, fehlende Transparenz seitens der Behörden und Rechtsunsicherheit treibe viele Vertreterinnen und Vertreter der Industrie um.

DIW-Chef Fratzscher betonte dennoch, dass er sich gerade von der Wirtschaft mehr Verantwortung wünsche. „Wenn international tätige, große Firmen gerade mal 20 Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, dann ist das einfach zu wenig.“ Anke Hassel, Professor of Public Policy an der Hertie School of Governance sah die Probleme hingegen weniger in der Wirtschaft als in der Politik: „Unternehmen spüren den demographischen Wandel – die wollen Flüchtlinge ausbilden“, war sich Hassel sicher. Viel Applaus erntete sie für den aus ihrer Sicht einzigen Lösungsansatz: mehr Investition in Schulen und Bildung, damit Integration nachhaltig gelingt.

Der Präsident der ESMT, Jörg Rocholl, sieht eine große Hürde für Flüchtlinge, die in Deutschland arbeiten wollen, bei den strengen Vorgaben und hinterfragte die Sinnhaftigkeit, Menschen zu Sprachkursen zu verpflichten: „Learning on the job – warum nicht?“, fragte Rocholl und machte sich damit für Ausnahmeregelungen stark, ohne den Mindestlohn herunterzusetzen. Den Vorwurf der Beschönigung wies er entschieden zurück. Schließlich würde der wirtschaftliche Erfolg daran gemessen, wie gut die Integration gelingt. Einig waren sich die vier Diskutierenden darin, dass es nicht nur um die reale Umsetzung in Wirtschaft und Politik geht, um aus der „humanitären Katastrophe“ der Flüchtlinge eine „wirtschaftliche Chance“ für Deutschland zu machen, sondern vor allem um Bewusstsein und einen Wandel im Denken – in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft gleichermaßen. Gruppen sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern gemeinsam an der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft arbeiten.

  • © DIW Berlin/B.Dietl

  • DIW-Präsident Marcel Fratzscher: "Ich wünsche mir gerade von der Wirtschaft mehr Verantwortung."
    © DIW Berlin/B.Dietl

  • Eröffnungsredner Armin Laschet
    © DIW Berlin/B. Dietl

  • Anke Hassel rückte sozialpolitische Fragen in den Mittelpunkt und plädierte für mehr Investitionen in Schule und Bildung.
    © DIW Berlin/B.Dietl

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