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Deutsche Industrie gibt mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus als je zuvor

Pressemitteilung vom 29. Juli 2015

Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes erhöhten ihre Ausgaben von 2010 bis 2013 um mehr als ein Fünftel – Verantwortlich dafür sind in erster Linie forschungsintensive und große Unternehmen – Entwicklung in Deutschland dynamischer als in anderen europäischen Ländern

Die Industrieunternehmen in Deutschland haben im Jahr 2013 insgesamt 57,2 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgegeben. Dies entspricht einem Plus in Höhe von 22 Prozent gegenüber dem Jahr 2010, wie aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervorgeht, die auf Daten des Statistischen Bundesamtes basiert. Auch die FuE-Intensität – also die Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Relation zur Bruttowertschöpfung – ist gestiegen, genauso wie die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich. Während der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 hatten die Unternehmen ihre FuE-Aufwendungen noch deutlich reduziert, nach der Krise in den Jahren 2010 bis 2013 dann aber schneller ausgeweitet (um jahresdurchschnittlich 6,8 Prozent) als vor der Krise in den Jahren 2004 bis 2008 (um jahresdurchschnittlich 4,3 Prozent). Dies lag jedoch auch daran, dass die Unternehmen nach dem krisenbedingten Einbruch zunächst erst einmal aufholen mussten, um ihr Vorkrisenniveau wieder zu erreichen. Betrachtet man die Jahre 2008 bis 2013, haben die FuE-Aufwendungen jedes Jahr um durchschnittlich 3,2 Prozent zugenommen. „Die deutsche Industrie befindet sich, was die Ausgaben für Forschung und Entwicklung anbelangt, insgesamt auf einem guten Weg“, sagt Alexander Eickelpasch, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Unternehmen und Märkte des DIW Berlin. „Allerdings darf man nicht außer Acht lassen, dass es in erster Linie die großen Unternehmen und die ohnehin schon forschungsintensiven Branchen sind, die mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben, während die kleinen und mittelgroßen Unternehmen ihre FuE-Investitionen nicht mehr so stark erhöht haben. Damit verliert der Aufschwung der Industrieforschung zwar an Breite, allerdings ist auch zu beachten, dass nicht jedes Unternehmen forschen muss, um am Markt erfolgreich zu sein.“

Anteil staatlicher Zuschüsse an den Forschungsausgaben ist zuletzt wieder gesunken

Die forschungsintensiven Wirtschaftszweige – dazu zählen die Chemiebranche, die pharmazeutische Industrie, die Kraftfahrzeugindustrie, der Maschinenbau und die Elektrotechnik – weiteten ihre FuE-Aufwendungen von 2010 bis 2013 mit jahresdurchschnittlich 7,2 Prozent deutlich stärker aus als vor der Krise (2004 bis 2008: 3,7 Prozent) und auch deutlich stärker als das verarbeitende Gewerbe insgesamt. Die weniger forschungsintensiven Industrien hingegen erhöhten ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung zuletzt nur noch um 2,5 Prozent jährlich – von 2004 bis 2008 waren es noch 11,4 Prozent. Während die größeren Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten ihre FuE-Ausgaben deutlich ausgeweitet haben, sind die kleinen und mittelgroßen Unternehmen mit 20 bis 249 Beschäftigten auf die Ausgabenbremse gestiegen. Ein möglicher Grund: Die Förderintensität – also der Anteil staatlicher Zuschüsse an den FuE-Ausgaben der Unternehmen – ist zuletzt vor allem bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen wieder gesunken, nachdem die Bundesregierung im Rahmen des zweiten Konjunkturprogramms das Fördervolumen zuvor kräftig ausgeweitet hatte.

In seiner Studie hat der DIW-Ökonom Eickelpasch noch weitere Faktoren untersucht, die für den Anstieg der FuE-Aufwendungen nach der Krise verantwortlich sein könnten. Dabei zeigte sich, dass die Unternehmen ihre Forschungsaktivitäten nicht allein von der Nachfrage nach ihren Produkten abhängig machen: In einigen Jahren stieg die Produktion stärker als der FuE-Aufwand, in anderen war es umgekehrt. „Möglicherweise agieren einige Unternehmen antizyklisch, indem sie ihr Personal verstärkt in der Produktion einsetzen, wenn das Geschäft brummt, bei einer Absatzflaute jedoch mehr Personal in die Forschungsabteilungen schicken, um für den nächsten Aufschwung gewappnet zu sein“, erklärt Eickelpasch. Denkbar sei auch, dass Unternehmen ihre FuE-Aktivitäten grundsätzlich langfristig auslegen und konjunkturelle Einflüsse daher eher gering ausgeprägt sind.

Deutsche Industrie ist im internationalen Vergleich gut aufgestellt

Die Zahl der forschenden Unternehmen ist nach der Krise zwar gestiegen, allerdings nicht mehr so stark wie zuvor. Zudem investierten die neu hinzugekommenen forschenden Unternehmen vergleichsweise geringe Summen in Forschung und Entwicklung. Dennoch ist die Industrieforschung in Deutschland gut aufgestellt, resümiert Eickelpasch: „Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist die deutsche Industrie besser aus der Krise herausgekommen.“ Die Entwicklung der FuE-Ausgaben war hierzulande dynamischer als etwa in Finnland, Schweden, Österreich, Großbritannien oder Frankreich. Auch die USA verzeichneten geringere Steigerungsraten. Nur in Südkorea und China wuchs die Industrieforschung schneller.

Links

Interview mit Alexander Eickelpasch (Print (PDF, 237.75 KB) und
O-Ton von Alexander Eickelpasch
Forschungsausgaben der Industrie steigen in Deutschland schneller als in anderen Ländern Europas - Sechs Fragen an Alexander Eickelpasch
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